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GALTÜR

Mitte Februar 1999 kommt es in Westösterreich zu einer kritischen Wettersituation. In manchen Gebieten fallen bis zu 120 Zentimeter Neuschnee pro Tag(!).
Die Lawinengefahr in Vorarlberg, Tirol und Salzburg steigt in den Maximalbereich. Lawinen reissen Stromleitungen ab, viele Orte sind auf der Strasse nicht mehr erreichbar. Ab 19. Februar stellt das Bundesheer im Rahmen eines Assistenzeinsatzes Hubschrauber zur Luftversorgung der abgeschnittenen Ortschaften und Gehöfte, ab.

Unter kaum mehr verantwortbaren Bedingungen fliegen die Hubschrauber-Piloten ihre Einsätze. Die Sicht im Flug ist extrem schlecht, bei Start und Landung kämpfen die Piloten mit "White Outs" (vom Boden aufgewirbelter Schnee blockiert die Sicht nach aussen).
Am 23. Februar um 14:45 ist der "Ofen endgültig aus" - nichts geht mehr - der Flugbetrieb wird wegen der extremen Wettersituation eingestellt. Ein weiterfliegen ist nicht mehr verantwortbar.
Kurz nach 16h dann die Tragödie. Eine riesige Lawine geht mitten in den Ort Galtür im Tiroler Paznauntal ab. Einige Häuser sind komplett zerstört. Erste Meldungen sprechen von 55 Verschütteten - erst später wird klar, die Lawine forderte 31 Totesopfer. Galtür ist auf sich allein gestellt. Das Wetter ist extrem schlecht, die hereinbrechende Dunkelheit tut ihr übriges - bei der schlechten Sicht ist an fliegen gar nicht zu denken.

Am nächsten Morgen 5h werden die Hubschrauber flugklar gemacht. Um 06:45 hält die Piloten nichts mehr. Die ersten Konturen der Berge sind zu erkennen.
Die offiziell als "gerade noch zulässig" bezeichneten Minimalstbedingungen sind nüchtern und ihn Ruhe betrachtet schlicht irregulär. Man weiß nicht mal ob in Galtür Landeplätze freigemacht wurden. Trotzdem wird jetzt geflogen - mit allem was da ist. Doch es reicht nicht. Trotz pausenloser Flüge ist es unmöglich, dringend benötigte Rettungsmannschaften und Gerät zu fliegen und gleichzeitig lawinengefährdete Siedlungen zu evakuieren. Die Anzahl der österreichischen Hubschrauber ist zu gering, ihre Nutzlastkapazität zu begrenzt. Die Bundesregierung sieht sich gezwungen um internationale Hilfe zu ersuchen.
Die üblicherweise in ihren Wiener Botschaften vorzufindenden Militärattachés befinden sich gerade am - traditionell vom BH organisierten Ski-Urlaub in Hochfilzen. Vom dortigen Urlaubsquartier wird in alle Welt telefoniert - auch bis ins Pentagon nach Washington - um Hubschrauber für Österreich zu organisieren.


Am 23. Februar 1999 kurz nach 16h begräbt eine Lawine den Ortskern von Galtür und fordert 31 Totesopfer.

Einen Tag später, ebenfalls am späten Nachmittag trifft es Valzur im Paznauntal. Aus den verschütteten Gebäuden werden sieben Todesopfer geborgen.

Die internationale Hilfe rollt blitzartig an - schon am 24. Februar treffen die ersten ausländischen Hubschrauber in Tirol und Vorarlberg ein.
Es wird eng. Die Kasernenareale reichen längst nicht mehr um der gossen Anzahl an Hubschraubern ausreichend Landeplätze zu bieten. Die Inntalautobahn wird bei Imst abgesperrt und die Luftstreitkräfte improvisieren auf diesem Strassenstück einen Flugplatz mit einer erheblichen Anzahl an Flugbewegungen. Denn das Wetter wird jetzt zusehends besser. Statt Schnee, Schnee und noch mehr Schnee scheint jetzt wieder die Sonne. Die Piloten sind wieder in der Lage die Möglichkeiten ihrer Huschrauber in vollem Ausmaß zu nutzen.
Um 16:09 erschüttert eine weitere Lawine das Paznauntal - diesmal trifft es Valzur und auch diesmal gibt es wieder verschüttete Gebäude und letztendlich 7 Todesopfer.
Weitere Hubschrauber treffen am 25. Februar ein - längst ist die Operation die größte Luftbrücke der 2.Republik.
Am 25. und 26. Februar werden mit 57 Hubschraubern über 550 Flugstunden absolviert, dabei über 14.000 Personen und 115t Nutzlast transportiert.
Am 27. Februar ziehen die int. Hilfskräfte wieder ab. Noch bis 22. März dauert der Assistenzeinsatzes des Heeres.

Doch noch während die internationale Luftbrücke läuft entbrennt - hochgezogen von den Medien - eine Ausrüstungsdebatte. Und so zeigt sich wieder einmal, dass erst etwas passieren muss damit etwas passiert , denn ansonsten sind das kleinste Verteidigungsbudget Europas und Hubschrauber, die älter sind als ihre Piloten kein Thema.

 

Der gesamte Assistenzeinsatz in Zahlen (inkl. Luftbrücke)
19.02.1999 - 22.03.1999

  • Gesamtflugzeit: 935h 05min
  • Landungen: 3.364
  • Personen: 18.406
  • Lasten: 271.710 kg
  • Hubschrauber: 53
  • Nationen: 5

Die Luftbrücke in Zahlen
25.02.1999 - 27.02.1999

  • Gesamtflugzeit: 858h 31min (Ö: 59,5%, int: 40,5%)
  • Landungen: 2.907 (Ö: 77,3%, int: 22,7%)
  • Personen: 17.537 (Ö: 42,3%, int: 57,7%)
  • Lasten: 237.420 kg (Ö: 72,3%, int: 27,7%)
  • Hubschrauber: 48 (Ö: 19, int: 29)
  • Nationen: 5 (Deutschland, Frankreich, Schweiz, USA, Österreich)


Neun Black Hawks der Company D, 158th Aviation Regiment, 12th Aviation Brigade aus Giebelstadt, Deutschland und von der...
Foto: US Army

...59th Air Ambulance Company, 30th Medical Brigade, Wiesbaden, Deutschland unterstützten die Evakuierungen in Tirol im Februar 1999.
Foto: US Army

Hubschraubertypen und Einsatzorte
25.02.1999 - 27.02.1999

Länder Hubschraubertyp
Tirol
Vorarlberg GESAMT
Landeck Schwaz Imst Bludesch
Österreich AB-212 7 1 3 11
AB-204 2 2
Alouette III 2 3 1 6
Deutschland UH1-D (Heer) 5 1 6
CH-53G (Heer) 5 5
Super Puma (BGS) 2 2
USA UH-60 "Black Hawk" 10 10
Schweiz Super Puma 1 1
Frankreich Super Puma 3 3
Cougar 2 2
GESAMT 28 3 11 6 48


Sonstige Hubschrauber im Einsatz
Innenministerium 5
ÖAMTC 2
Zivile Firmen 9


Auf Abrufbereitschaft
Deutschland / Laupheim CH-53G 6
Deutschland / Münster UH1-D 3


Zahlen: Bundesministerium für Landesverteidigung, Fliegerdivision

Wo nicht anders angegeben stammen die Fotos von der CD-Rom "GALTÜR 99" von Peter Pfaffenbauer (Hubschrauberpilot - Agusta Bell 212 / 1. Hubschrauberstaffel, Hörsching) Die Fotos selbst wurden vom Bundesheer im Zuge des Einsatzes angefertigt.


www.airpower.at